06.
Mai
2024

„Für die meisten steht die Duschsituation im Vordergrund“

Ob Toilettengang, Händewaschen oder das Haarewaschen in der Dusche – für Menschen mit Bewegungseinschränkungen werden solche alltäglichen Dinge schnell zur Herausforderung. Umbauten im Bad helfen auf dem Weg zur Barrierefreiheit. Qumpan-Gründer Matthias Karls, Experte für barrierefreies Wohnen, erklärt im Interview, wie so ein Badumbau für Senioren und Pflegebedürftige aussehen kann und wo es finanzielle Unterstützung gibt.


Herr Karls, ein Badumbau klingt nach einer großen Aufgabe, nach zeitintensiven Planungen und viel Dreck beim Bau. Schreckt das manche ab?

Das kommt auf jeden Fall vor, ja. Aber gerade, wenn die Menschen älter werden, wenn sie vielleicht sogar Pflege benötigen, ist ein barrierefreies Bad wichtig. Es steigert die Lebensqualität, weil es Bewegungsfreiheit bietet, weil es auf die Bedürfnisse Älterer und Pflegebedürftiger abgestimmt ist. Natürlich ist dafür erst einmal Planung wichtig. Aber dafür kann man sich ja auch Unterstützung holen.

Sie sind bei Qumpan der Experte für barrierefreies Wohnen, kennen sich also auch damit aus, wie so ein Badumbau aussehen sollte. Wann ist denn der richtige Zeitpunkt, solch ein Projekt zu starten?

Das ist sehr unterschiedlich. Zum einen melden sich bei mir Menschen, die älter werden und die dann merken, die aktuelle Badsituation passt einfach nicht mehr zu den körperlichen Möglichkeiten. Es ist ganz normal, dass wir in späteren Jahren nicht mehr beschwingt in die Badewanne steigen oder uns das Aufstehen vom WC noch so einfach fällt wie in der Jugend. Das ist auch keine Schande. Mit diesen Klienten schaue ich dann, was gebraucht wird. Auf der anderen Seite gibt es auch Fälle, in denen der Umbau dringlich ist. Ist man beispielsweise auf einen Rollator oder sogar einen Rollstuhl angewiesen, braucht es Platz im Bad, um dort damit agieren zu können.

Das leuchtet ein. Was kommt da finanziell auf die Menschen zu?

Das ist ganz unterschiedlich, je nachdem welche Produkte verbaut werden und welche Dinge gemacht werden sollen. Das können einige hundert in anderen Fällen einige tausend Euro sein. Es gibt aber Möglichkeiten, eine finanzielle Unterstützung zu nutzen. Auch dazu berate ich die Klienten und helfe Ihnen bei der Beantragung.

Welche Möglichkeiten gibt es denn konkret?

Zum einen unterstützt die Pflegekasse den Badumbau. Das ist möglich über die Gelder, die es für eine Wohnraumanpassung gibt. Ab Pflegegrad 1 werden diese gezahlt. Pro Pflegegrad sind das immerhin 4.000 Euro. Leben mehrere Personen mit Pflegegraden in der Wohnung, können die ihnen zur Verfügung stehenden Summen auch addiert werden. Wichtig ist, dass man das Okay der Pflegekasse hat, bevor man mit den Maßnahmen beginnt. Bei der Sächsischen Aufbaubank können ebenfalls Mittel beantragt werden. Das ist für Eigentümer und für Mieter möglich. Letztere brauchen aber die Zustimmung des Vermieters. 80 Prozent der förderfähigen Summe werden bis zu einer Höhe von 8.000 Euro übernommen, bei Rollstuhlfahrern bis zu 20.000 Euro. Zu beachten ist, dass mit dem Umbau erst mit Posteingang des Antrags bei der SAB begonnen werden darf.

Welche Maßnahmen sind beim Badumbau für eine Barrierefreiheit am wichtigsten?

Für die meisten steht die Duschsituation im Vordergrund. Viele haben nur eine Wanne und wollen die gern durch eine Dusche ersetzen. Diese sollte ebenerdig sein und genug Platz bieten, gerade wenn ein Rollstuhl genutzt wird. Haltegriffe in der Dusche sind wichtig. Von fest an der Wand montierten Klappsitzen in der Dusche würde ich abraten. Sitzt man so dicht an der Wand, ist die Bewegungsfreiheit noch eingeschränkter. Unterstützt ein Pflegender beim Duschen, ist das mit so einem Klappsitz ebenfalls schwieriger. Besser ist ein Duschhocker, der sich einfach hineinstellen lässt.

Stichwort Hilfe beim Duschen – stören da nicht fest verbaute Duschwände?

Ganz genau. Die bessere Variante wären Duschvorhänge. Ich weiß aber aus dem Gespräch mit Klienten, dass das oft aus ästhetischen Gründen nicht gewünscht ist. Besser wäre es aber natürlich. Das muss aber letztlich jeder selbst entscheiden. Einige Anbieter führen auch Glasfalttüren, aber das kostet natürlich.

Was ist bei der Toilette zu beachten?

Weil sich viele mit Mobilitätseinschränkungen schlechter hinsetzen und wieder aufstehen können, muss das Toilettenbecken höher sein. Zu überdenken ist auch, wie viel Platz vor dem WC ist. Da braucht es im Alter mehr Platz, falls man einen Rollator nutzt oder Hilfe beim Toilettengang braucht. Ein WC in einer Nische ist da keine gute Variante. Auch im Bereich des WCs sind Haltegriffe sinnvoll, die das Hinsetzen und Aufstehen unterstützen. Höhenverstellbare Toiletten gibt es auch, aber die sind teuer. Schnelle Abhilfe schaffen spezielle Aufsätze, die das WC höher machen.

Welche Punkte sind für ein barrierefreies Bad außerdem relevant?

Da wäre zum einen die Türbreite – kommt da ein Rollator oder ein Rollstuhl durch? Türschwellen behindern die Bewegungsfreiheit ebenfalls, die müssen wegfallen. Über die Höhe des Waschbeckens spreche ich mit den Klienten ebenfalls. Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen machen niedrigere Waschbecken Sinn. Auch Waschbecken gibt es höhenverstellbar. Ansonsten sind Haltesysteme an den Wänden eine gute Möglichkeit, sicher im Bad unterwegs zu sein.

Wenn die Beratung Ihrer Klienten erfolgt ist, wie geht es dann weiter?

Wenn klar ist, was gemacht werden soll, unterstütze ich bei der Antragstellung möglicher Fördergelder. Ich organisiere den Umbau und spreche mit den Fachfirmen und Handwerksbetrieben. Gerade für Ältere sind solche baulichen Maßnahmen in den eigenen vier Wänden eine aufregende Sache. Deshalb bin ich auch während des Baus für die Klienten da. Das gibt ihnen Sicherheit.

Welche Tipps haben Sie ansonsten?

Ich würde immer dazu raten, das Thema barrierefreies Bad möglichst frühzeitig mitzudenken. Wer in seinen Fünfzigern das Bad umbaut, kann schon Dinge vordenken, die im Alter wichtig werden. Verankerungen für Haltesysteme können beispielsweise bereits integriert werden, ohne dass Griffe oder Stangen schon montiert werden. Sind sie irgendwann nötig, werden sie einfach hinzugefügt. Eine ebenerdige Dusche macht eigentlich jederzeit Sinn und auch über den Ort für die Toilette sollte schon mit Blick auf spätere Jahre nachgedacht werden. Mir ist natürlich bewusst, dass viele solche Gedanken ans Alter in ihren besten Jahren natürlich noch nicht haben. Aber gut vorbereitet zu sein, fühlt sich ja auch gut an.

Aktuelle Beiträge

Archiv

Anfrage­formular

Anfrage­formular

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir werden uns in kürze bei Ihnen melden.