In Deutschland spielt die Pflegeversicherung eine entscheidende Rolle bei der Deckung der Pflegekosten im Alter oder bei chronischen Erkrankungen. Den Pflegekassen kommt dabei eine wichtige Aufgabe zu. Sie verwalten das Geld der Pflegeversicherung, prüfen die Ansprüche der Versicherten und zahlen ihnen letztlich die bewilligten Leistungen aus. Dafür ist relevant, welchen Pflegegrad jemand hat. In diesem Artikel erfahren Sie, wie die Pflegegrade festgelegt werden und welche einzelnen Stufen es gibt.
Wem das Wort „Pflegegrad“ noch nichts sagt, der muss nicht nervös werden. Lange Zeit war immer von „Pflegestufen“ die Rede. Dieser Begriff ist vielen geläufiger. Bereits seit 2017 gilt jedoch die neue Bezeichnung „Pflegegrad“. Die Umstellung hatte damals das Ziel, eine differenziertere und bedarfsgerechtere Einstufung vorzunehmen. Mit den Pflegegraden wurde nämlich ein neues Begutachtungsverfahren eingeführt, das auch kognitive und psychische Einschränkungen stärker berücksichtigt. Dadurch soll eine gerechtere und individuellere Bewertung des Pflegebedarfs möglich sein.
So erfolgt die Begutachtung
Um einen Pflegegrad zu erhalten, ist ein Antrag darauf bei der Pflegekasse notwendig. Die Festlegung des Pflegegrades erfolgt danach mittels einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder einen anderen unabhängigen Gutachter. Dabei wird der individuelle Unterstützungsbedarf in verschiedenen Bereichen bewertet. Wie mobil ist die Person? Wie gut sind ihre Denk- und Kommunikationsfähigkeiten ausgeprägt? Die Bewertung umfasst außerdem Verhaltensweisen und psychische Problemlagen sowie die Fähigkeit, sich selbst zu versorgen. Welche Hilfen benötigt der Antragsteller zudem beim Umgang mit Krankheit, Therapien und Behandlungen? Und kann er noch selbstständig seinen Tagesablauf planen und soziale Kontakte pflegen?
Auf all diese Fragen gibt der Gutachter Punkte. Anhand der ermittelten Punktezahl wird der Pflegegrad festgelegt. Je höher dieser ist, desto unselbstständiger wird der Betroffene eingeschätzt und umso mehr Leistungen erhält er von der Pflegekasse.
Die Pflegegrade und ihre Inhalte
In Deutschland werden seit 2017 fünf Pflegegrade verwendet, um den individuellen Pflegebedarf einer Person einzuschätzen. Die Pflegegrade werden wie folgt definiert:
Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Hilfsbedürftige mit Pflegegrad 1 sind noch weitgehend selbstständig und können sich meist noch gut selbst versorgen und ihren Alltag in vielen Bereichen ohne fremde Hilfe bewältigen.
Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Die Selbstständigkeit ist durch körperliche oder geistige Einschränkungen bereits deutlich verringert. Die Pflegebedürftigkeit muss für voraussichtlich mindesten 6 Monate bestehen.
Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Die Pflegebedürftigkeit in Pflegegrad 3 ist bereits sehr stark ausgeprägt. Die Selbstständigkeit ist stark beeinträchtigt.
Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten
Seit mindestens oder für insgesamt mindestens 6 Monate liegen bei den Pflegebedürftigen schwerste Beeinträchtigungen im Alltag vor.
Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten und besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Betroffene sind bei der Bewältigung des Alltags auf andere Personen angewiesen.
Was viele nicht wissen: Fast jeder fünfte Antrag auf Pflegegrad in Deutschland wird abgelehnt. Viele Anträge führen zu einem Pflegegrad, der aus Sicht der Betroffenen zu niedrig ist. In manchen Fällen erkennen die Gutachter gar keinen Anspruch auf Pflegeleistungen. In solchen Situationen können Betroffene Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einlegen, wenn dieser ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigt ist. Ab der Zustellung des Bescheids bleibt dafür einen Monat Zeit.